20.06.2017

Rechtsmedizinisches Gutachten: „Potentiell tödlich wäre das auf jeden Fall gewesen.“

Am heutigen Hauptverhandlungstag wurde erneut der Kriminaltechniker Forster sowie der Rechtsmediziner Prof. Rothschild aus Köln als Sachverständige gehört.

Zu der Vernehmung dieser Sachverständigen muss zunächst klargestellt werden, dass es für die Frage, ob die Angeklagten jedenfalls für den Anschlag auf die Wohnung in der Wilsdruffer Straße wegen versuchtem Mord zu verurteilen sind, nicht darauf ankommt, ob die Bewohner sich konkret in Lebensgefahr befunden haben. Für die Verurteilung kommt es lediglich darauf an, ob die Angeklagten es für möglich hielten, dass durch den Anschlag ein Mensch sterben könnte und die Aktion trotzdem durchführten, weil sie den Tod der Geflüchteten entweder billigten oder als notwendig ansahen.

Die beiden Sachverständigen waren beauftragt worden, sehr aufwendige Sprengversuche durchzuführen, weil die Generalstaatsanwaltschaft Dresden im Vorfeld der Übernahme des Verfahrens durch den Bundesanwalt wiederholt die Gefährlichkeit der Sprengstoffanschläge mit illegaler Pyrotechnik heruntergespielt hatte.

Bei den Versuchen, die den Anschlag auf die Wohnung in der Bahnhofstraße nachstellten, wurde zunächst mittels Hochgeschwindigkeitskameras die Geschwindigkeit von zwei Splittern ermittelt. Der medizinische Sachverständige führte hierzu aus, es wären vorliegend „20, 100 oder 200“ weitere Splitter mit der selben Geschwindigkeit in den Raum geschossen, sie hätten aber für sein Gutachten nur zwei benötigt und berechnet.

Der eine Splitter habe eine Energie von 0,25 Joule, der andere eine Energie von 0,5 Joule aufgewiesen. Die Grenze für die Durchschlagung der Haupt liege bei 0,1 Joule. Beide Splitter steckten 3-4 mm tief in den aufgestellten Glycerinquadern, so dass man davon ausgehen kann, dass „wenn ein Mensch da gestanden hätte, dass die Splitter ihn seinen Körper eingedrungen wären.“

Hätte ein Mensch unbekleidet im Splitterfeld gestanden, so wären die Splitter eingedrungen. Im Halsbereich hätte die Drosselvene unproblematisch geöffnet werden können. Dies hätte zum Tod führen können. Schwere Augenverletzungen seien sehr wahrscheinlich gewesen.

Bei den Versuchen, die den Anschlag auf die Wohnung in der Wilsdruffer Straße nachstellten, habe man ebenfalls einen Splitter gemessen. Dieser sei 5,8 g schwer gewesen und hätte eine Größe von 8 mal 17 mal 31 mm gehabt. Er habe eine Geschwindigkeit von 39,92 m/s erreicht und eine Energie von 4,62 Joule. Dies sei eine relativ hohe Energie für einen scharfkantigen Splitter.

Die Energie sei ausreichend, um die Haut zu durchdringen und zwanglos die Halsschlagader oder die innere Drosselvene zu durchtrennen. Potentiell tödlich wäre das auf jeden Fall gewesen.

Der Sachverständige führte weiter aus, dass bei einer Explosion unmittelbar in der Nähe eines Menschen alleine der Druckimpuls dazu führen kann, dass menschliche Körperteile, insbesondere Mittelohr, Lunge, Dickdarm, zerreißen oder beschädigt werden.

Bei dem Anschlag auf das Hausprojekt in der Overbeckstraße, bei dem geplant war, präparierte Sprengsätze in das Gebäude zu werfen, hätte eine Explosion in bis zu einem Meter Entfernung zu einem Menschen eine potentiell tödliche Wirkung gehabt.

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