09.01.2018

Wenn Brüder nicht schweigen – lustiger Belastungswettkampf

Am heutigen Verhandlungstag waren erneut zwei Zeugen geladen, die Angaben dazu machen sollten, inwieweit diesmal der Angeklagten Rico Knobloch in seinen Aussagen Angaben gemacht hat, die zur Aufklärung von Straftaten anderer Nazis geführt haben. Die Verteidigung Knobloch hatte vorgebracht, der Staatsanwalt Dr. Richter, ein Polizeibeamter sowie die Staatsanwältin Schmerler-Kreuzer würden bezeugen, dass ihr Mandant maßgebliche Informationen gegeben habe, die zur Identifizierung von von zwei Tätern geführt hätten.

Die Vernehmungen ergaben zwar, dass die Aussagen Knoblochs keineswegs so bedeutsam sind, wie seine Verteidiger es dem Gericht vormachen wollen, dies allerdings nur, weil schon andere Kameraden entsprechende belastende Aussagen gemacht hatten.

StA Dr. Richter, der schon mehrfach als Zeuge vor dem OLG ausgesagt hatte, machte insgesamt den Eindruck, als wolle er sich mit einer freundlichen Aussage für die Kollaboration der Verteidigung Knobloch bedanken. Er stellte dar, dass es Ende Dezember 2017 eine Vernehmung Knoblochs gegeben habe. Dieser habe in der Vernehmung einen bisher überwiegend als „großen Leubner“ bezeichneten Beschuldigten anhand einer Lichtbildvorlage identifiziert und darüber hinaus mitgeteilt, dieser habe beim Angriff auf das Wohnprojekt Overbeckstraße einen Stein geworfen, der ein Fenster des Hauses zerstört habe. Aufgrund dieser Identifikation sei der „große Leubner“ mit einem neuen Haftbefehl erneut in Untersuchungshaft genommen worden. Insgesamt hätten die Aussagen der im Verfahren vor dem OLG Dresden Angeklagten allerdings keine entscheidende Rolle gespielt.

Bereits zuvor hätte ein Beschuldigter aus der Freien Kameradschaft Dresden den Verdächtigen identifiziert, dies sei allerdings im „Ausschlussverfahren“ erfolgt, was laut Staatsanwalt Dr. Richter nur eine niedrigere Beweiskraft habe denn dies sei „natürlich eine Belastung, aber keine Identifikation“.

Auch ein weiteres Mitglied der Freien Kameradschaft, das inzwischen erstinstanzlich verurteilt wurde, wurde offensichtlich von Knobloch in einer seiner Aussagen maßgeblich belastet.

Wesentlich präziser waren die Angaben des Polizeibeamten der Polizeidirektion Dresden, der als nächster Zeuge vernommen wurde.

Knobloch sei der erste gewesen, der angegeben habe, dass der „große Leubner“ auch aktiv an dem Angriff auf das Hausprojekt beteiligt gewesen sei.

Der „große Leubner“ sei im übrigen Mitglied und vermutlich Chef der sogenannten Reisegruppe 44, die Knobloch als verschworenen Haufen aus der „gewaltbereiten Schiene“ beschrieben habe. Er habe auch weitere Mitglieder dieser „Reisegruppe“ benannt. Diese Gruppe sei auch einem Aufruf der Nazigruppe Der III. Weg zu einer Demonstration in Leipzig gefolgt. Die Aktion sei wegen mangelnder Teilnahme gefloppt, sei der Anstoss zu den Ausschreitungen im Januar 2016 in Leipzig-Connewitz gewesen.

Anlässlich der Vorlage einer Lichtbildmappe habe er von 24 Lichtbildern 14 Namen zuordnen können, zu allen der 24 dargestellten Personen habe er Angaben machen können, auch wenn er teilweise die Namen nicht gekannt habe.

Auf die Frage, warum er bei der Vernehmung und vor Gericht nur von dem „großen Leubner“ gesprochen habe, habe Knobloch geantwortet, er habe Angst vor dieser Person, der Chef einer Security-Firma sei und Kontakte in die Fussballszene habe. Der „große Leubner“ sei es auch gewesen, der den Angeklagten Festing öffentlich angegriffen habe, weil dieser im Verfahren gegen die Vereinigung „Faust des Ostens“ andere Personen gegenüber der Polizei belastet habe.

Knobloch habe ausserdem angegeben, dass er selbst sich eher zur Freien Kameradschaft Dresden zählen würde, da er ja erst im Frühjahr 2015 nach Freital gekommen sei. In den „Kakao-Talk“, den verschlüsselten Chat der Gruppe Freital sei er über den Freitaler NPD-ler Dirk Abraham gekommen.

Auf Nachfrage der Nebenklage musste der Zeuge noch eingestehen, dass sogar noch eine weitere Zeugin, gegen die zur Zeit, gemeinsam mit weiteren Angeklagten, vor dem Landgericht Dresden u.a. wegen ihrer FKD-Mitgliedschaft eine Hauptverhandlung stattfindet, vor Knobloch den „großen Leubner“ identifiziert hatte

Die anschließende Vernehmung der Staatsanwältin Schmerler-Kreuzer war unergiebig, da diese sich praktisch an nichts erinnerte und lediglich anhand mitgebrachter Aktenbestandteile Dinge vortrug, die den Prozessbeteiligten bereits bekannt waren.

Im Anschluss wurden weitere Beweisanträge aus den letzten Wochen, darunter auch der im letzten Blogbeitrag erwähnte Antrag der Verteidigung Seidel, erwartungsgemäß vom Gericht abgelehnt.

Die Verteidigung Knobloch trug dann in Hinblick auf die Nachfrage des beisitzenden Richters vom 20.12.2017 vor, Knobloch würde Fragen des Gerichts schriftlich über seine Verteidiger beantworten. Dies würde aber noch zwei Wochen in Anspruch nehmen. Diese Ansage ist für das Gericht, das eigentlich bereits am heutigen Tag die Beweisaufnahme schließen wollte, eine Herausforderung. Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht den Angeklagten Knobloch vor die Wahl stellt, entweder direkt Fragen zu beantworten oder gar nicht, oder sich auf das Spielchen seiner Verteidiger einlässt.

Abschliessend beantragte die Nebenklage Wilsdruffer Straße den als „großen Leubner“ Identifizierten als Zeugen zu vernehmen, weil er natürlich Angaben zum Verhalten des Angeklagten Knobloch beim Angriff auf die Overbeckstraße machen kann und damit die Glaubwürdigkeit von Knoblochs Einlassung überprüft werden könnte.

Die Verhandlung am Mittwoch den 11.01.2017 wurde kurzfristig, wegen Erkrankung einer Angeklagten, abgesetzt.

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