Anschlag Wilsdruffer Straße: klare Hinweise auf Tötungsabsicht
Der erste Zeuge, ein Mittarbeiter der Ermittlungsgruppe für Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtungen, berichtete zu seiner Tatortarbeit nach dem Anschlag in der Wilsdruffer Straße. Erneut wurde deutlich, dass nur auf Grund vieler Besonderheiten und viel Glück keine lebensgefährlichen Verletzungen bei den Bewohnen verursacht wurden. Der Beamte berichtete, dass die Sprengsätze wohl schräg in den unteren Winkel der Fensterrahmen gestellt und dort gezündet wurden. Aus diesem Grunde waren nicht nur die Fenster zerstört, sondern die zinkblechverstärkten Fensterrahmen durchschlagen und Teile des Mauerwerks zerstört worden. Ein großer Teil der Explosionskraft wurde allerdings hier von den Fenstern absorbiert. Bei diesen Fenstern handelte es sich glücklicherweise um spezielle Schallschutzfenster. Diese hätten einen besonderen Aufbau: Eine dünnere Außenscheibe mit mittig eingebrachter widerstandsfähiger Folie sowie eine massive Innenscheibe. Diese Konstruktion wirke eigentlich schwingungshemmend, habe aber im vorliegenden Fall die Explosionswirkung stark abgefedert. Ein herkömmliches Fenster wäre stärker gesplittert und hätte mehr Kraft auf die Innenscheibe abgegeben. Hierdurch wäre ein viel gefährlicherer Splitterflug entstanden. Diese aussergewöhnliche Stabilität, die nur bei sehr wenigen Fenstern vorliegt, sei den Fenstern nicht anzusehen gewesen. Die Angeklagten konnten also nicht wissen, dass ein großer Teil der Explosionswucht von den Fenstern aufgefangen werden würde.
Der Zeuge hatte die Reste der Sprengkörper zusammengesetzt und festgestellt, dass von Durchmesser und Länge her nur Sprengkörper der baugleichen Typen Cobra 12/Viper 12 in Betracht kommen. Die Verwendung von Cobra 6-Sprengkörpern schloss er aus. Damit konnte er die „Erinnerungslücken“ der Angeklagten Festing und Justin S. Schließen, die entweder nichts zu den eingesetzten Sprengkörpern gesagt hatten oder sich nicht mehr sicher waren, was sie in der Wilsdruffer Straße verwendet hatten. Immerhin enthält, so der Zeuge, ein Cobra 12-Sürengkörper etwa 100 mal mehr Sprengstoff, als in Deutschland zugelassene Böller.
Der zweite Zeuge war zum Zeitpunkt des Anschlages auf die Bahnhofstraße Hausmeister in dem betroffenen Haus. Er war von einem lauten Knall und einer nachfolgenden Schockwelle geweckt worden. Es habe sich angefühlt als wenn man vor einer lauten Box steht. Der Fußboden habe gebebt. Er sei dann runtergerannt und habe die Polizei gerufen. Diese habe zunächst nicht wirklich reagiert. Das erste Polizeifahrzeug sei ohne Blaulicht angekommen. Er habe anschließend bis etwa um 5 Uhr morgens vor dem Haus ausgeharrt und, nach Freigabe der Wohnung durch die Polizei, diese gesichert.
Kurze Zeit nach der Explosion hatte er einen weinroten BMW gleicher Bauart wie das Fahrzeug des Angeklagten Schulz zwei mal langsam am Tatort vorbeifahren sehen. Im Wagen hätte sich zunächst nur eine Person und beim zweiten Mal drei Personen befunden. Einige Zeit vor der Explosionen hätte er auch eine kleine Gruppe von Männern mit sehr kurzen Haaren am Haus vorbeigehen und in die Wohnung der Geschädigten hinschauen sehen, er habe sich dabei aber nichts gedacht.
Der Zeuge berichtete, die Fenster hätten nur noch an den Scharnieren oben gehangen. Die Rahmen sowie das Mauerwerk sei beschädigt gewesen. In die Fenster habe man von der Straße reinschauen können, wenn man auf der Straße vorbeiläuft.
Im Anschluss wurde ein weiterer Betroffener aus der Wohnung Bahnhofstraße vernommen. Dieser hatte sich nicht nur bei dem hier angeklagten Anschlag in der Wohnung befunden, sondern schon einige Zeit vorher erlebt, wie eine Kugelbombe beim Haus gezündet wurde. Er beschrieb auch einen Überfall auf die Hausbewohner, bei dem Tränengas in den Hausflur gesprüht worden war.
Die Verhandlung wird am kommenden Freitag fortgesetzt.