31.07.2017

Generalbundesanwalt schließt sich dem Antrag der Nebenklage an – Anschlag auf Wohnprojekt Overbeckstraße war versuchter Mord

Nach vier Wochen Sommerpause verhandelte das Oberlandesgericht Dresden heute weiter gegen die sog. Gruppe Freital.

Nachdem die Nebenklage am letzten Hauptverhandlungstag vor der Sommerpause einen Antrag auf gerichtlichen Hinweis stellte, dass auch der Angriff auf das linksalternative Hausprojekt Mangelwirtschaft in Dresden Übigau als versuchter Mord gewertet werden könnte, gab die Bundesanwaltschaft zu Beginn der Hauptverhandlung eine Stellungnahme dazu ab. In weiten Teilen trat die Bundesanwaltschaft dem Antrag bei und sah bei sechs Angeklagten ebenfalls die Möglichkeit, dass diese sich dabei eines versuchten Mordes aus niedrigen Beweggründen strafbar gemacht haben könnten. Würde das Gericht den Hinweis erteilen, bedeutet dies für diejenigen Angeklagten, denen keine Tatbeteiligung bei dem bislang allein als versuchten Mord angeklagten Anschlag auf die Geflüchtetenwohnung in der Wilsdruffer Straße in Freital zur Last gelegt wird, dass sie sich möglicherweise auch wegen des Tötungsdelikts verantworten müssen und damit – im Falle einer Verurteilung – mit einer weitaus höheren Strafe zu rechnen sein wird. Im Ergebnis würde sodann allen mutmaßlichen Mitgliedern der Gruppe Freital, die derzeit angeklagt sind, ein versuchter Mord zur Last gelegt werden. Gleichzeitig hätte ein solcher Hinweis auch erhebliche Auswirkungen auf andere Verfahren, da auch in diesen sodann der Angriff auf die „Mangelwirtschaft“ nicht mehr nur als versuchte gefährliche Körperverletzung gewertet werden könnte.

Sodann wurde ein weiterer Bewohner der „Mangelwirtschaft“ vernommen, der die bisherigen Aussagen seiner Mitbewohner im Großen und Ganzen bestätigte. Er habe zum Zeitpunkt des Angriffs ein Zimmer im Erdgeschoss bewohnt, sei bei Beginn des Angriffs auch darin gewesen und habe Licht brennen gehabt. Allein auf Grund der Tatsache, dass sich ein baulich bedingter Graben unter seinem Fenster zum Hof befand, hätten die Angreifer dieses nicht erreichen können und es seien lediglich Schäden durch Sprengkörper daran entstanden. Auch auf der anderen Seite des Erdgeschosses hätte ein Gast gewohnt. Dessen Schlafzimmerfenster hätte aber zur Straße gezeigt. Nach dem Angriff habe er Sicherungsmaßnahme an seinem Fenster vorgenommen, damit niemand Sprengmittel hineinwerfen könne. Damit steht fest, dass das Erdgeschoss, in die tatplangemäß die tödlich wirkenden Sprengkörper geworfen werden sollten bewohnt war.

Bevor noch ein Augenarzt die Verletzungen eines Bewohners aus der Wohnung Wilsdruffer Straße bezeugte, wurde ein Zeuge vernommen, der beim Angriff auf die Mangelwirtschaft den Notruf absetzte. In der polizeilichen Vernehmung hatte der Zeuge detaillierte Angaben zur Mangelwirtschaft gemacht, insbesondere dazu, dass die Fenster immer einsehbar seien und die Küche als Gemeinschaftsraum genutzt werde. An all dies wollte er sich nicht mehr erinnern können. Der Zeuge versuchte eher den Anschein zu erwecken, er sei ein Anwohner gewesen, der zufällig vom Balkon aus, den Angriff beobachtet hätte. Im Laufe der Vernehmung stellte sich heraus, dass der Zeuge auch an der Blockade der Turnhalle im Stadtteil Übigau teilgenommen hatte, mit der die Anwohner den Einzug von Geflüchteten verhindern wollten. Dort habe er die Angaben über die Situation in der Mangelwirtschaft gehört. Weder die Bundesanwaltschaft noch die Nebenklage schenkten seinen Ausführung Glauben, dass er keine Personen aus der Blockade kenne. Vielmehr erweckte der Zeuge den Eindruck nicht preisgeben zu wollen, mit wem er sich dort insbesondere über die Mangelwirtschaft ausgetauscht hatte. Er sprach aber darüber, dass er mittlerweile dreimal umgezogen sei und es bei ihm Klingelstreiche gebe und Post aus seinem Briefkasten verschwunden sei. Der Zeuge wollte sich also offensichtlich, trotz mehrfacher Nachfrage, nicht an bestimmte Personen erinnern. In der Verhandlungspause teilte der Zeuge mit, dass es ihm schlecht ginge und seine Vernehmung wurde nach einem Sanitätereinsatz für den heutigen Tag beendet. Er wird jedoch noch einmal erscheinen müssen.

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