10.11.2017

Weitere Angaben aus der Freien Kameradschaft Dresden

Am heutigen Verhandlungstag standen erneut Aussagen des Mitglieds der Freien Kameradschaft Dresden (FKD) Franz Richter im Zentrum der Beweisaufnahme. Staatsanwalt Richter wurde als Zeuge zu dessen Angaben in dem gegen diesen beim Landgericht Dresden geführten Verfahren wegen Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung FKD gehört.

Nach Angaben des Staatsanwalts hatte der Angeklagte vor Gericht das von dem polizeilichen Vernehmungsbeamten bereits am letzten Verhandlungstag geschilderte Aussageverhalten wiederholt. Alles abstreiten, herunterspielen, Erinnerungslücken vortäuschen.

Das Gericht habe ein Mal den Hinweis gegeben, dass man die Aussage sowohl des Angeklagten Franz Richter als auch der Mitangeklagten Polley nicht für überzeugend hält. Er selbst habe den selben Eindruck.

Insgesamt hatte Richter aber offensichtlich doch etwas mehr erzählt, da er ja offensichtlich versuchte, durch seine Aussage eine Strafmilderung zu erhalten. Er hat insgesamt jedenfalls das Vorliegen der Merkmale einer kriminellen Vereinigung sowie die verschiedenen ihm vorgeworfenen Straftaten eingeräumt.

Seine Schilderung zum Angriff auf das Wohnprojekt Overbeckstraße ließ allerdings erkennen, dass er ziemlich genau darauf achtet, wen er schützen wollte und wen er opfern könnte. Er schilderte einerseits, dass die Dresdner Teilnehmer an dem Angriff sowie die hier angeklagte Kleinert unisono dagegen gewesen wären, Sprengkörper in das Haus zu werfen. Andererseits gab er an, dass die Aussage, dass Leute nicht verletzt werden sollten, seiner Meinung nach nicht für die „Freitaler“ galt. Damit schützte er die Dresdner Kameradschaftsmitglieder und Kleinert und schob den übrigen Mitgliedern der Gruppe Freital die Verantwortung für alle schwereren Tatfolgen bzw. Tatpläne in die Schuhe.

Insgesamt schilderte er die Dresdner Gruppe als lediglich durch die „Flüchtlingskrise“ radikalisierte Personen, die ihren Protest ausdrücken wollten und spulte damit ein mal mehr die zur Zeit üblichen Verharmlosungen militanter Nazis vor Gericht herunter.

Überraschend erwähnte er auch weitere militante Nazis als Teile des Netzwerkes, in dem er aktiv gewesen sei. Eine Gruppe mit dem selbstgewählten Namen „Reisegruppe 44“, die eng mit der Freien Kameradschaft Dresden verbunden gewesen sei, von ihm jedoch nicht als Mitglieder derselben angesehen wurden. Mitglieder dieser Gruppe seien mehrfach an Aktionen der FKD aber teilweise auch an gemeinsam mit der Gruppe Freital durchgeführten Aktionen beteiligt gewesen. Die „Reisegruppe 44“ sei auch am 1. Mai 2015 in Saalfeld anwesend gewesen. Dort war es zu militanten Ausschreitungen und Körperverletzungen an Linken gekommen.

Im Anschluss an diese Zeugenaussage berichtete die Jugendgerichtshilfe zum Angeklagten Justin Schiefner. Die Jugendgerichtshilfe hatte sich in Bezug auf diesen Angeklagten bereits früh dazu entschieden, diesen als harmlosen Mitläufer zu bewerten und – trotz der Anklage, die ja unter anderem einen versuchten Mord umfasst – bereits nach 6 Monaten Untersuchungshaft die Außervollzugsetzung des Haftbefehls angeregt.

Weiter berichtete die JGG, Schiefner habe zu den Tatvorwürfen angegeben:

• die Gruppierung sei für ihn die Möglichkeit gewesen, seine Männlichkeit zu beweisen.

• er habe die Geschädigten nur erschrecken wollen

• im Rückblick sieht er seine Rolle in der Gruppe als austauschbar

• ohne ihn wären die Anschläge auch passiert

• sein erster Neffe sei ein „Mischling“

Auf dieser Basis kam die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe, die offensichtlich keine einzige kritische Nachfrage gestellt und nach eigener Angabe auch die Ideologie Schiefners nicht hinterfragt hatte, zur Einschätzung, dass bei diesem keine schädlichen Neigungen vorlägen. Damit käme eine Haftstrafe für Schiefner überhaupt nicht in Betracht. Mit der Frage einer Haftstrafe wegen des Vorliegens der Schwere der Schuld hatte sich die Sachbearbeiterin nicht mal auseinandergesetzt.

Die Tatsache, dass das Gericht den Haftbefehl Schiefners bis zum heutigen Tage aufrechterhalten hat, zeigt, dass diese Ausführungen der Jugendgerichtshilfe offensichtlich kein Gehör gefunden haben bzw. dass das Gericht bislang zu einer anderen Einschätzung gekommen ist. Im übrigen hat Schiefner selbst sich ja in der Hauptverhandlung völlig anders verhalten als offensichtlich gegenüber der JGG. In seinem Geständnis hatte er seine Beteiligung, aber beispielsweise auch seine Kenntnis der Lebensgefährlichkeit des Anschlages in der Wilsdruffer Straße zugegeben. Der Bericht der Jugendgerichtshilfe kann insgesamt eher als typisch sächsische Verharmlosung gewertet werden.

Im weiteren wurde auf den am vorherigen Verhandlungstag gestellten Antrag des Bundesanwaltes der Anklagepunkt 7, die Vorbereitung weiterer Sprengstoffanschläge, in Hinblick auf die zu erwartende Strafhöhe wegen der anderen Vorwürfe, eingestellt.

Schließlich stellte die Nebenklage Wilsdruffer Straße mehrere Beweisanträge zur Gruppenstruktur, der Rolle der Angklagten Schulz und Knobloch in der Gruppe Freital bzw. der FKD und der Tatfolgen für den Freitaler Stadtrat Richter.

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